Gerichts- und Anwaltskosten im arbeitsrechtlichen Verfahren im Kanton Aargau – Was Arbeitnehmende und Arbeitgebende wissen sollten

Arbeitsrechtliche Streitigkeiten gehören zu den häufigsten zivilrechtlichen Verfahren in der Schweiz. Sie sind für beide Parteien – Arbeitnehmende wie Arbeitgebende – nicht nur emotional belastend, sondern oft auch mit erheblichen finanziellen Unsicherheiten verbunden. Besonders wichtig ist dabei die Frage, wer die anfallenden Kosten eines Verfahrens zu tragen hat. Im Folgenden werden die Regelungen zu den Gerichts- und Anwaltskosten im Kanton Aargau erläutert – vom Schlichtungsverfahren über das eigentliche Gerichtsverfahren bis hin zu speziellen Verfahren im öffentlichen Dienst.

Schlichtungsverfahren – kostenlos, aber nicht folgenlos

Das arbeitsrechtliche Schlichtungsverfahren ist die erste Stufe in einem arbeitsrechtlichen Konflikt und dient der aussergerichtlichen Einigung zwischen den Parteien. Im Kanton Aargau ist dieses Verfahren bis zu einem Streitwert von CHF 30’000.00 grundsätzlich kostenlos. Das bedeutet, dass weder Arbeitnehmende noch Arbeitgebende Gerichtskosten bezahlen müssen, sofern dieser Streitwert nicht überschritten wird.

Die Schlichtungsverhandlung findet vor dem Präsidium des Arbeitsgerichts statt. Ziel der Schlichtungsbehörde ist es, eine gütliche Einigung zu erzielen und damit ein zeit- und kostenintensives Gerichtsverfahren zu vermeiden.

Wichtig ist: Im Schlichtungsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. Das bedeutet jedoch nicht, dass keine Kosten entstehen können. Wer sich anwaltlich vertreten lässt – sei es Arbeitnehmerin oder Arbeitgeber – trägt die eigenen Anwaltskosten selbst. Gerade bei komplexen Fällen kann eine anwaltliche Unterstützung aber dennoch sinnvoll sein, um rechtliche Risiken korrekt einzuschätzen und sachgerecht zu verhandeln.

Gerichtskosten im weiteren Verfahren – wenn keine Einigung erzielt wird

Kommt im Schlichtungsverfahren keine Einigung zustande, kann eine Partei innert Frist Klage beim Bezirksgericht (Abteilung Arbeitsgericht) einreichen. Ab diesem Zeitpunkt gelten die allgemeinen Regeln der Zivilprozessordnung (ZPO) und des kantonalen Gebührenrechts.

Sobald der Streitwert über CHF 30’000.00 liegt, fallen Gerichtskosten an. Die genaue Höhe dieser Gebühren richtet sich nach dem Gerichtsgebührendekret des Kantons Aargau und ist vom Streitwert abhängig.

Die klagende Partei muss, sofern die Streitwertgrenze von CHF 30’000.00 überschritten wird, in der Regel einen Kostenvorschuss leisten. Wird der Klage ganz oder teilweise stattgegeben, erhält sie diesen Vorschuss zurück, und die Gerichtskosten werden der unterliegenden Partei auferlegt. Verliert die klagende Partei, bleibt sie auf den Kosten sitzen. Bei teilweisem Obsiegen werden die Kosten anteilig zwischen den Parteien verteilt.

Die Zivilprozessordnung (ZPO) sieht ausserdem vor, dass die obsiegende Partei Anspruch auf eine Parteientschädigung hat – also auf eine Erstattung der notwendigen Anwaltskosten durch die unterlegene Partei. Diese Entschädigung richtet sich nach den kantonalen Tarifen und soll die Kosten der Rechtsvertretung teilweise ausgleichen.

Im Kanton Aargau besteht jedoch eine wichtige Abweichung: Bei arbeitsrechtlichen Verfahren mit einem Streitwert bis CHF 30’000.00 werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. Das heisst, jede Partei trägt ihre eigenen Anwaltskosten, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Diese Regelung soll verhindern, dass Arbeitnehmende durch das Risiko hoher Parteikosten von der Durchsetzung ihrer Ansprüche abgehalten werden

Spezielle Verfahren im öffentlichen Dienst: Schlichtungskommission für Personalfragen und Verwaltungsgericht

Für Angestellte im öffentlichen Dienst gelten teilweise andere Bestimmungen. Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen werden in der Regel zunächst vor die Schlichtungskommission für Personalfragen gebracht. Dieses Verfahren ist ebenfalls kostenlos. Auch hier gilt: Falls sich die Parteien anwaltlich vertreten lassen, müssen sie die Kosten ihrer Rechtsvertretung selbst tragen. Eine Parteientschädigung ist grundsätzlich nicht vorgesehen, kann jedoch in einem allfälligen Vergleich zwischen den Parteien vereinbart werden.

Kommt keine Einigung zustande, besteht die Möglichkeit, an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau zu gelangen. In diesem Verfahren richten sich die Kosten nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRPG). Bei personalrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 30’000.00 fallen keine Verfahrenskosten an. Die Parteikosten werden – wie im Zivilverfahren – nach Massgabe des Obsiegens und Unterliegens verteilt.

Fazit – Kostenrisiken realistisch einschätzen

Das Schlichtungsverfahren im Kanton Aargau bietet insbesondere Arbeitnehmenden eine niederschwellige, kostenfreie und praxisnahe Möglichkeit, ihre Ansprüche geltend zu machen. In vielen Fällen kann dadurch ein aufwendiges Gerichtsverfahren vermieden werden. Wer jedoch den Schritt vor Gericht wagt, sollte sich der möglichen Kostenrisiken bewusst sein – insbesondere, wenn eine anwaltliche Vertretung erforderlich ist.

Tipp

Eine rechtliche Erstberatung kann sowohl Arbeitnehmenden als auch Arbeitgebenden helfen, Chancen, Risiken und Kosten frühzeitig einzuschätzen. Oft lässt sich mit einer guten Vorbereitung bereits im Schlichtungsverfahren eine einvernehmliche Lösung finden – und damit Zeit, Nerven und Geld sparen.

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