Liegenschaft in der Scheidung – Auflösen oder Beibehalten des gemeinsamen Eigentums?

Kommt es zur Ehescheidung, so stellt sich vielen Betroffenen die Frage, wie ein Zwangsverkauf der Liegenschaft im gemeinsamen Eigentum verhindert werden kann. Dabei stehen zwei Varianten im Vordergrund: Entweder wird die Liegenschaft im Zuge der Ehescheidung vom bisherigen Mit- oder Gesamteigentum ins Alleineigentum einer Partei übertragen, oder aber die Parteien entscheiden sich für die Beibehaltung des gemeinschaftlichen Eigentums über die Scheidung hinaus. Beide Varianten erfordern eine sorgfältige Regelung und eine umsichtige Planung unter Einbezug von involvierten Banken, Gerichten, Notaren und Grundbuchämtern.

Übertragung der Liegenschaft ins Alleineigentum einer Partei

Regelung der Übertragung der Liegenschaft

Soll eine Liegenschaft im Zuge der Ehescheidung ins Alleineigentum eines Ehegatten übertragen werden, ist eine umfassenden Regelung in der Scheidungsvereinbarung unabdingbar. Namentlich müssen Vereinbarungen zum Anrechnungswert, zum Umgang mit Hypotheken und Vorbezügen der Wohneigentumsförderung, zum Übergang von Nutzen und Gefahr sowie zur Gewährleistung getroffen werden. Ratsam ist auch die Aufnahme einer Bestimmung zur Frage des Aufschubs der Grundstückgewinnsteuer sowie zur Tragung der Grundbuchkosten. In gewissen Konstellationen ist sodann die Vereinbarung eines Gewinnanteils-, Kauf- oder Rückkaufsrechts angezeigt.

Frühzeitiger Einbezug der finanzierenden Bank

Haften die Parteien bisher solidarisch für die Hypothekarschulden auf der Liegenschaft, befreit die Eigentumsübertragung allein den ausscheidenden Ehegatten nicht von seiner Schuldpflicht gegenüber der finanzierenden Bank. Erforderlich ist daher stets eine schriftliche Entlassungserklärung durch die Bank. Bleibt diese aus, haftet der ausscheidende Ehegatte weiterhin solidarisch für die Hypothek, jedoch ohne Eigentümer der Liegenschaft zu sein, was zu einer untragbaren Situation führt.

Bevor ein Schuldner aus der Haftung entlassen wird, verlangt die finanzierende Bank eine Bonitätsprüfung des verbleibenden Eigentümers und gegebenenfalls zusätzliche Sicherheiten. Muss die bestehende Hypothekarschuld zwecks Ausrichtung einer güterrechtlichen Ausgleichszahlung an die ausscheidende Partei sogar erhöht werden, bedarf es regelmässig eines notariell zu beurkundenden Pfandvertrags zur Erhöhung des Schuldbriefs, wobei dies zu einem Zeitpunkt aufgegleist werden muss, da die übernehmende Partei noch gar nicht Alleineigentümer der Liegenschaft ist. Derartige Sachverhalte erfordern ein hohes Mass an güter- und sachenrechtlichem Sachverstand und eine umsichtige Koordination zwischen den Parteien und ihren Anwälten sowie der finanzierenden Bank, dem urteilenden Gericht, dem beurkundenden Notariat und dem Grundbuchamt.

Vollzug der Handänderung im Zeitpunkt der Ehescheidung

Der Rechtsgrund für die Übertragung einer Liegenschaft im Zuge der Ehescheidung liegt in der güterrechtlichen Zuweisung durch Scheidungsurteil. Nach Rechtskraft des Scheidungsurteils ergeht eine richterliche Anweisung an das zuständige Grundbuchamt, die Handänderung im Grundbuch zu vollziehen; eine öffentliche Beurkundung der Handänderung beim Notar ist obsolet.

Beibehalten des gemeinschaftlichen Eigentums

Regelung zur Fortführung des gemeinschaftlichen Eigentums

Entscheiden sich die Ehegatten dafür, die Liegenschaft über die Scheidung hinaus im gemeinsamen Eigentum zu belassen, bedarf es hierzu einer umfassenden Regelung, anderenfalls Konflikte über Nutzung, Kosten und künftige Investitionen drohen. Deshalb ist vorab verbindlich festzulegen, welche Partei die Liegenschaft nach der Scheidung nutzen darf. Weiter ist zu regeln, wer für die Hypothekarzinsen sowie den Unterhalt der Liegenschaft aufkommt und welche Beiträge die Parteien an Amortisationszahlungen, Renovationen und Einzahlungen in den Erneuerungsfonds leisten. Denn die Parteien bleiben nicht nur Gesamt- bzw. Miteigentümer der Liegenschaft, sondern auch Solidarschuldner gegenüber der finanzierenden Bank, was zur Folge hat, dass Änderungen oder Erneuerungen der Finanzierung nur mit Zustimmung beider Parteien möglich sind.

Schliesslich ist verbindlich zu regeln, wann das gemeinschaftliche Eigentum enden soll, allenfalls mit Vereinbarung einer Verlängerungsoption. Im Vordergrund steht ein zum Voraus definierter Zeitpunkt, der regelmässig an die Laufzeit einer Festhypothek anknüpft oder sich am Alter des jüngsten Kindes orientiert. Darüber hinaus sind aber auch die Voraussetzungen für eine einseitige vorzeitige Auflösung festzuschreiben, namentlich mit Blick auf einen frühzeitigen Auszug der nutzungsberechtigten Partei.

Regelung zur Auflösung des gemeinschaftlichen Eigentums

Von grösster Relevanz ist eine klare Regelung der in der Zukunft liegenden Auflösung des gemeinschaftlichen Eigentums und deren Folgen. Beispielsweise kann einer Partei ein Vorrecht auf Übernahme der Liegenschaft zu Alleineigentum zugesichert werden. In jedem Fall ist die Aufteilung der Kosten im Zusammenhang mit der Auflösung des gemeinsamen Eigentums zu regeln – namentlich für die Räumung und Reinigung der Liegenschaft, den Makler sowie für Notariat und Grundbuch. Schliesslich ist ein verbindlicher Teilschlüssel für den Verkaufserlös und eine allfällige Grundstückgewinnsteuer festzulegen, damit bei der dereinstigen Auflösung des gemeinsamen Eigentums keine Streitigkeiten entstehen.

Vollzug der Handänderung nach der Ehescheidung

Die Auflösung des gemeinschaftlichen Eigentums nach der Scheidung – sei dies durch Übertragung der Liegenschaft ins Alleineigentum einer Partei oder durch einen Verkauf an Dritte – erfolgt durch einen vom Notar öffentlich beurkundeten Handänderungsvertrag mit anschliessender Eintragung derselben im Grundbuch, weshalb in solchen Konstellationen Notariatskosten und Grundbuchgebühren anfallen.

Fazit

Ob Übertragung der Liegenschaft ins Alleineigentum eines Ehegatten oder Beibehaltung des gemeinschaftlichen Eigentums über die Scheidung hinaus – eine umfassende Regelung im Zeitpunkt der Ehescheidung ist unabdingbar. Damit spätere Streitigkeiten ausbleiben, müssen rechtliche, finanzielle und praktische Aspekte bedacht und sorgfältig aufeinander abgestimmt werden.

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