Corona-Virus: Rechtliche Konsequenzen
Am Montag, 16. März 2020 hat der Bundesrat die "ausserordentliche Lage" nach Epidemiengesetz erklärt. Der Bundesrat hat zusätzliche Massnahmen beschlossen, mit welcher die Corona-Virus Epidemie weiter eingedämmt werden soll. Schärer Rechtsanwälte informiert sie deshalb nachfolgend zu den drängendsten Fragen im Zusammenhang mit den angeordneten Massnahmen.
I. Arbeitsrecht
1. Der Arbeitnehmer selber erkrankt am Corona-Virus:
Solange der Arbeitnehmer selber krank ist, muss er zuhause bleiben und der Arbeitgeber muss ihm den normalen Lohn bezahlen.
2. Kinder des Arbeitnehmers erkranken oder können nicht mehr in die KITA:
Bis zu 3 Tage sind dem Arbeitnehmer frei zu geben, um die eigenen Kinder zu pflegen. Denkbar ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgrund des erhöhten Ansteckungsrisikos anweisen muss, nicht zur Arbeit zu erscheinen. Dies, weil der Arbeitgeber gegenüber den übrigen Arbeitnehmern eine Fürsorgepflicht hat. In diesen Fällen dürfte auch ein Lohnfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers bestehen.
3. Lohnfortzahlungspflicht bei staatlich angeordneten Betriebsschliessungen:
Es verwirklicht sich ein Betriebs- und Wirtschaftsrisiko, welches grundsätzlich der Arbeitgeber zu tragen hat. Der Arbeitnehmer hat somit Anspruch auf eine Lohnfortzahlung.
4. Lohnfortzahlungspflicht bei Unmöglichkeit der Arbeitsleistung aufgrund anderer staatlicher Massnahmen:
Wenn Arbeitnehmer aufgrund staatlicher Massnahmen nicht mehr zur Arbeit erscheinen können, aber der Betrieb nicht geschlossen ist (etwa, weil der öffentliche Verkehr eingestellt würde), besteht tendenziell keine Lohnfortzahlungspflicht, weil die Unmöglichkeit nicht in der Person des Arbeitnehmers liegt und sich auch kein Betriebsrisiko des Arbeitgebers verwirklicht. Es kommt der allgemeine Grundsatz ohne Arbeit kein Lohn zum Einsatz.
5. Lohnfortzahlungspflicht aufgrund von Quarantänemassnahmen:
Hier kommt es im Einzelfall auf den Grund für die Quarantäne an. Arbeitnehmer, welche im Auftrag der Arbeitgeberin in einem Risikogebiet waren, dürften Anspruch auf eine Lohnfortzahlung während der Quarantäne haben. Wer wegen einer privaten Reise (zu denken ist etwa an eine Kreuzfahrt) im Ausland strandet oder in Quarantäne gesetzt wird, hat, solange er nicht krank wird, keinen Anspruch auf eine Lohnfortzahlung.
II. Vertragsrechtliche Probleme
Bei Verträgen stellt sich unter anderem die Frage, was passiert, wenn die vertraglich vereinbarte Leistung aufgrund des Coronavirus oder einer behördlichen Anordnung nicht mehr erbracht werden kann oder das Verhältnis zwischen vertraglich vereinbarter Leistung und Gegenleistung arg aus dem Gleichgewicht gerät. Die folgenden Aspekte sind zu beachten, um abzuklären, welche rechtlichen Konsequenzen der Ausbruch des Coronavirus COVID-19 auf einen Vertrag hat.
1. Verträge mit Force-Majeure Klausel:
Es ist von der jeweiligen Formulierung im Vertrag abhängig, ob das Coronavirus ein Fall höherer Gewalt im Sinne des Vertrags darstellt oder nicht. Insbesondere bei offen formulierten Klauseln besteht ein erheblicher Auslegungsspielraum. Ein Ereignis «höherer Gewalt» reicht zudem noch nicht; es muss auch nachweislich (alleinige oder hauptsächliche) Ursache für die Leistungsstörung sein. Beweisen muss diesen sogenannten «Kausalzusammenhang» die Partei, welche sich auf die höhere Gewalt beruft. Ist eine Force-Majeure Klausel anwendbar und wurden die zusätzlichen Anforderungen eingehalten, welche solche Klauseln regelmässig vorsehen (so insbesondere an Fristen gebundene Informationspflichten), befreit diese den Schuldner häufig von seiner Leistungspflicht, ohne dass der Gläubiger Schadenersatz verlangen kann.
2. Verträge ohne Force-Majeure Klausel:
Fehlt eine vertragliche Regelung betreffend Force-Majeure, kommen die Regelungen des jeweils auf den Vertrag anwendbaren Rechts zur Anwendung. Ohne internationalen Anknüpfungspunkt und anderslautende Vereinbarung ist die Leistungsstörung gestützt auf Schweizer Recht zu beurteilen.
a. Leistungserschwerung / Verzug: Gemäss Schweizer Rechtsprechung liegt höhere Gewalt bei einem «unvorhersehbaren, aussergewöhnlichen Ereignis vor, das mit unabwendbarer Gewalt von aussen hereinbricht». Behördliche Anordnungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Quarantänen, (teure) Sicherheits- und Hygienemassnahmen etc.) könnten beispielsweise ein Fall von höherer Gewalt darstellen. Als Folge davon wird es regelmässig zu einer Suspendierung der gegenseitigen Vertrags- und Schadenersatzpflichten der Parteien sowie zu einer Verlängerung der vereinbarten Fristen kommen.
b. Leistungsunmöglichkeit: Bei einer Leistungsungmöglichkeit, die nach dem Vertragsschluss entsteht, sieht das Obligationenrecht vor, dass der Schuldner von der Forderung der Gläubigerin befreit wird, wenn er die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat. Gemäss Art. 119 Abs. 2 OR haftet der Schuldner aber für bereits erhaltene Leistungen der Gläubigerin (etwa Vorauszahlungen). Sie kann diese zurückfordern. Können Veranstaltungen wegen behördlich verfügten Veranstaltungsverboten nicht durchgeführt werden, ist der Tatbestand von Art. 119 Abs. 2 OR in der Regel erfüllt.
Bei rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus COVID-19 steht Ihnen das Team von Schärer Rechtsanwälte gerne zur Verfügung.